1962 als Tochter einer Schweizerin und eines Süditalieners in Zürich geboren, scheint Zora del Buono das italienische Temperament des Vaters geerbt zu haben – übersprudelnd ist sie, mit einem Füllhorn an Geschichten, auch von ihrer Familie. Aber das Schriftstellerleben kam später. Zunächst studierte sie Architektur an der ET Zürich, floh 1987 aus der Schweizer Enge nach Berlin und arbeitete dort zu Beginn der neunziger Jahre als Bauleiterin.
Erst 2008, da war Zora del Buono immerhin Mitte vierzig, erschien ihr Debütroman „Canitz‘ Verlangen“ – die Geschichte eines homosexuellen Literaturwissenschaftlers, der in der Spree eine Wasserleiche findet. Statt zur Polizei zu gehen, befragt Canitz die Literaturgeschichte und erfährt vom Trauma seiner Familie. Und Zora del Buono entdeckte für sich das freie Schriftstellerinnen-Dasein. Autorin war sie ohnehin, seit sie mit ihrem Schulfreund Nikolaus Gelpke die Zeitschrift mare gegründet hatte – ausgerechnet zwei Schweizer und das Meer! Ihre Novelle „Gotthard“ (2015) zeigt, wer den Tunnel wirklich gebaut hat, die Italiener nämlich. Eine legendäre Baustelle und ein Schicksalsort.
Weitere Bücher führen nach Nordamerika, wo Zora del Buono Journalismus unterrichtete: „Hundert Tage Amerika“ (2011) ist eine Fahrt von Neufundland bis Key West, der Südstaatenroman „Big Sue“ (2010) atmosphärisch dicht und schwül wie das Klima. „Hinter Büschen, an eine Hauswand gelehnt“, ihr Campusroman 2016, handelt von der ungleichen Liebe zwischen einer älteren Dozentin und einem ihrer Studenten.
Zora del Buono, die Großmutter gleichen Namens, ist die Heldin im neuen Roman der Enkelin. „Die rote Zora“ passt auf beide, auf die Enkelin mit dem roten Haar und die Großmutter, eine überzeugte Kommunistin im Widerstand gegen Mussolini. Als Slowenin lebte sie mit ihrem Mann, einem italienischen Radiologen, und ihren Kindern in Bari und führte ein resolutes Regiment als Gastgeberin ihres großbürgerlichen Salons, als Patriarchin und als „Die Marschallin“. Der bilderreiche Roman ist gefärbt vom Zeitkolorit der Zwischenkriegsjahre und von der Geschäftigkeit der Großmutter. Ihr warmer Duft und der Geruch von Puder prägen die Erinnerungen der Enkelin, und die Warnung einer Tante: „Vergiß nicht, du trägst ihren Namen.“ (C. Z.)
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Canitz‘ Verlangen“, Roman, mare, Hamburg 2008
– „Big Sue“, Roman, mare, Hamburg 2010
– „Hundert Tage Amerika. Begegnungen zwischen Neufundland und Key West“, mare, Hamburg 2011
– „Gotthard“, Novelle, C. H. Beck, München 2015
– „Das Leben der Mächtigen. Reisen zu alten Bäumen“, Matthes & Seitz, Berlin 2015
– „Hinter Büschen, an eine Hauswand gelehnt“, Roman, C. H. Beck, München 2016
– „Die Marschallin“, Roman, C. H. Beck, München 2020